Flocke

Flocke war mein erster vierbeiniger Begleiter. Geboren ist sie 1977 und im Jahre '84 kam sie zu uns. Sie war ein Connemarapony und damals noch dunkel grauschimmelig. In meiner jungendlichen Naivität war ich auch davon überzeugt, dass das so bleiben würde, aber natürlich wurde auch Flocke von Jahr zu Jahr heller.
Gekauft hatten wir sie eigentlich als Anfängerpferd, schliesslich ritten sowohl meine Mutter, als auch ich damals erst seit 2 Jahren und vom Umgang hatten wir praktisch keine Ahnung. Trotz der Beteuerungen der Verkäuferin stellte sich jedoch bald heraus, dass Flocke alles andere als ein Anfängerpferd war. Sie war zwar stets freundlich, aber völlig ungezogen und respektlos, dabei aber selber ängstlich und temperamentvoll. Sie ging mir ständig durch, sei das nun, weil sie sich vor irgendeiner Kleinigkeit erschrak oder weil sie schlicht rennen wollte. Ausserdem konnte sie bocken wie ein Weltmeister und klebte fürchterlich an anderen Pferden. Ehrlicherweise muss ich gestehen, dass mich das mit meinen 12 Jahren nicht sehr beeindruckt hatte und ich stolz auf mein schnelles Pony war. Erst als wir 1985 in einen Offenstall zogen und ich dort mit Leuten in Kontakt kam, die sehr viel Wert auf eine anständige Erziehung ihrer Vierbeiner legten wurde mir langsam aber sicher bewusst, dass ich vielleicht soch ein ernsthafteres Problem mit meinem Pferchen haben könnte.
Zu dieser Zeit entdeckte ich auch meine Vorliebe für lange Ritte und so verliess ich schon bald regelmässig an schönen Wochenenden morgens um 6 das Haus, um den ganzen Tag mit meinem Pony durch die Gegend zu reiten. Da wir meist alleine unterwegs unterwegs waren und ich auf Flockes Kooperationsbereitschaft angewiesen war, erledigten sich damit die gröbsten Probleme fast von selbst. Offenstall und Herdenleben machten Flocke ausgeglichener und unerschrockener und unsere gemeinsamen Touren festigten ihr Vertrauen und taten auch dem Gehorsam gut. Ausserdem wurde ich mit dem Alter auch sicherer und erfahrener im Umgang mit Pferden. Und so wandelte sich mein ungezogenes Pferdchen in ein Tier, das stets versuchte, alles richtig zu machen, absolut geländesicher war und dabei einen ungebrochenen Eifer und Vorwärtsdrang behielt. Sie legte sich überall auf Kommando ab, ich konnte mit ihr freilaufend auf der Weide spielen, konnte alle Lektionen die sie konnte auch ohne Sattel und Zaum oder Halsring reiten, sie lief mir hinterher wie ein Hund und wenn sie einmal etwas richtig gemacht hatte, reichte es aus, sie dieses eine Mal über alle Massen zu loben, dann sass es.
Neben ein paar längeren und kürzeren Wanderritten quer durch Deutschland habe ich Flocke auch auf Distanzen trainiert. An offiziellen Distanzritten konnte ich nie teilnehmen, da in unserer Gegend keine angeboten wurden, aber auch ohne Wettkampf sind wir bis zu 100 km am Tag geritten. Auf den Wanderritten hatten wir meist ein Trossfahrer dabei und so konnten wir auch dort mit nur sehr wenig Gepäck durch den Tag reiten, wobei sie ebenfalls Tagesleistungen zwischen 50 und 80 km problemlos wegsteckte - und das über Wochen.
Abgesehen von einer Sehnenentzündung in jungen Jahren, die durch meine jugendliche Heizerei im Gelände verursacht worden war (schäm) war sie nie mehr ernsthaft krank. Leider fingen aber mit 18 Jahren die schon lange vorhandenen Melanome am Schweif zu wachsen. Mit knapp 20 musste ich sie dann wegen eines durch die Melanome hervorgerufenen Darmverschlusses einschläfern lassen.